Lokale Presseberichterstattung

  • Ich hatte hier vor einiger Zeit mal angedeutet, dass die HAZ nicht nur in der Fußballberichterstattung jegliche journalistische Sorgfalt missen lässt. Ich würde dies an dieser Stelle gerne untermauern, auch wenn es thematisch nichts mit Fußball zu tun hat.


    Es geht um folgenden HAZ-Artikel: Retter lassen Mann nach Herzinfarkt warten


    Bereits die Überschrift suggeriert, dass scheinbar ein Notfallpatient nicht die Hilfe bekommen hat, die er benötigt hätte. In der Link-Adresse steht "Rettungswagen kommt 30 Minuten nach Herzinfarkt zum Patienten", direkt zu Beginn des Artikels heißt es "Ein 67-jähriger Mann, der am Dienstagmorgen im Alt-Laatzener Tante-Emma-Laden mit einem Herzinfarkt zusammengebrochen ist, blieb offenbar eine halbe Stunde lang unversorgt.", und die Bildunterschrift sagt "Mehr als 30 Minuten hat es gedauert, bis Rettungssanitäter bei einem Patienten waren(...)"


    Es klingt reißerisch und skandalös, es ist aber schlicht und ergreifend unwahr. Der Rettungswagen war innerhalb der vorgeschriebenen 15-Minuten-Frist (tatsächlich waren es 12 Minuten nach Alarmierung) am Einsatzort. Dies lässt sich anhand der Einsatzzeiten, die technisch erfasst werden, belegen und wurde in dem Artikel auch von der Regionssprecherin bestätigt. Somit stimmt die mehrfache Behauptung, der Patient sei eine halbe Stunde lang unversorgt geblieben, nicht. Lustigerweise widerspricht der Artikel sich im Verlaufe selbst.


    Weiter heißt es: "Dessen (die des RTW) Besatzung habe dann nicht mehr tun können, als den 67-Jährigen auf einen Stuhl zu heben, Blutdruck zu messen - und den Notarzt zu rufen, so der Händler."


    Schön, dass man den Händler zitiert, ohne die Gegenseite zu Wort kommen zu lassen. Dieser zitierte Satz suggeriert den Lesern, dass die RTW-Besatzung tatenlos daneben gestanden hätte. Richtig ist, dass nach der Nachalarmierung des Notarztes der Patient mit dem genannten Stuhl in den RTW verbracht und dort medizinisch-fachlich versorgt wurde. Diese Versorgung umfasst weitaus mehr als nur das Messen des Blutdrucks.


    Weiter: "Warum am Dienstagmorgen kein Rettungswagen in Laatzen verfügbar war, obwohl die DRK-Leitstelle an der Nürnberger Straße nur wenige Autominuten vom Tante-Emma-Laden entfernt liegt, konnte die Region bisher nicht beantworten."


    Ich aber. Die genannte "DRK-Leitstelle" ist keine Leitstelle, sondern eine Rettungswache, in der zwei Rettungswagen (RTW), ein Krankenwagen (KTW) und ein Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) stationiert sind. Wenn es zeitgleich zwei Notfälle im Raum Laatzen gibt, dann tritt der Fall ein, der hier vorgelegen hat: Es ist kein Rettungswagen direkt in Laatzen verfügbar. Wird dann ein weiterer Notruf in Laatzen abgesetzt, rückt ein Rettungsmittel aus einem benachbarten Gebiet, in diesem Fall Pattensen, nach. Dies kommt tagtäglich vor, nicht nur in Laatzen, nicht nur in der Region Hannover, sondern bundesweit. Die einzelnen Rettungsmittel sind so stationiert, dass bei einem Engpass jederzeit ein anderes Rettungsmittel innerhalb der Rettungsfrist aus der näheren Umgegung nachrücken kann. Das ist hier passiert. Dass dann der Notarzt erst nachgefordert werden muss und dieser auch aus einem anderen Gebiet nachrücken muss, kommt auch vor. Allerdings sitzen auf einem RTW keine Blutdruck messenden Vollpfosten, sondern Rettungsassistenten, die dafür mehrjährig ausgebildet werden, einen Patienten auch ohne Arzt eine adäquate medizinische Versorgung zukommen zu lassen.


    Dies alles hätte man, wenn man denn gewollt hätte, mit ein wenig Recherche herausfinden können. Allerdings scheint Frau Köhler daran offenbar kein Interesse gehabt zu haben und sich auch sonst nicht sonderlich für die Materie zu interessieren, über die sie schreibt.


    Darüber hinaus ist der Artikel voll von fachlichen Fehlern. Leitstelle statt Rettungswache, Rettungssanitäter statt Rettungsassistent, Notarztwagen statt Notarzteinsatzfahrzeug. Das mag sich wie Erbsenzählerei anhören, es gibt aber große Unterschiede zwischen den genannten Begriffen. Vom Otto Normalverbraucher erwarte ich nicht diese zu kennen, jedoch von einer Journalistin, dessen eigentlicher Job es ist, sich über Dinge zu informieren, über die sie (kommerziell) schreibt.


    Ich will an dieser Stelle gar nicht über den Rettungsdienst diskutieren, das gehört hier nicht hin. Ich will aufzeigen, wie handwerklich schlecht in diesem Verlag gearbeitet wird. Das oben ist lediglich ein Beispiel dafür, wie nicht nur fahrlässig sondern teilweise bewusst mit falschen Fakten und reißerischen Aussagen versucht wird Auflage zu machen, unabhängig davon, ob man damit jemandem Unrecht tut wie hier dem Rettungsdienstpersonal. Schön auch zu sehen, dass man scheinbar nur bei der HAZ anzurufen und etwas zu bebaupten braucht, und schon wird es ohne weiteres Hinterfragen und Recherchieren gedruckt. Dabei wäre die eigentliche Vorgeschichte zu dem Fall nicht minder interessant gewesen...


    Um mal wieder den Bogen zum Fußball und zu Hannover 96 zu finden: Genau wie hier im Kleinen gearbeitet wird, wird auch über Themen von größerem Interesse, wie bspw. über Hannover 96 und die Fanszene, berichtet. Jemand (ob Kioskbesitzer oder M. Kind) behauptet etwas, es klingt reißerisch ("Rettungsdienst kommt nicht", "Ultras randalieren in Achim"), es wird veröffentlicht. Die Leute lesen es und glauben es. Denn die HAZ ist ja die gute und seriöse Zeitung.

    Einmal editiert, zuletzt von SHG-Chris ()

  • Danke für dieses Beispiel!


    Ekelhaft, wie reisserisch mittlerweile formuliert wird.


    Kann man doch der Haz mal vorlegen, mit der Bitte um Stellungnahme!?

  • Das oben ist lediglich ein Beispiel dafür, wie nicht nur fahrlässig sondern teilweise bewusst mit falschen Fakten und reißerischen Aussagen versucht wird Auflage zu machen, unabhängig davon, ob man damit jemandem Unrecht tut wie hier dem Rettungsdienstpersonal. Schön auch zu sehen, dass man scheinbar nur bei der HAZ anzurufen und etwas zu bebaupten braucht, und schon wird es ohne weiteres Hinterfragen und Recherchieren gedruckt.


    Letzter Satz gilt aber nur, wenn von den Behauptungen jemand negativ betroffen ist, der keine starke oder wichtige Position in der Stadt innehat. Ich arbeite für eine Bürgerinitiative, die sich intensiv mit einem in der Stadt aufgeheizten Thema der öffentlichen Nahverkehrsplanung beschäftigt. Unzweifelhaft kann und darf man zu diesem Punkt kontroverse Positionen vertreten, aber ist schon sehr auffällig, wie Stadt und Region windigste Positionen vertreten können, ohne dass diese kritisch hinterfragt werden. An etlichen Stellen haben wir für die Presse Lügen und Verdrehungen dezidiert aufgelistet. Keine Chance, die Vertreter der Presse zu einer Kenntnisnahme zu bewegen. Die müssen unsere Mitteilungen ja nicht 1:1 abdrucken, aber diese Punkte aufgreifen und vielleicht mal gezielt hinterfragen, wäre doch eine Möglichkeit. Ich meine, bei einem Thema, dass die Gemüter dieser Stadt seit Jahren, Jahrzehnten bewegt, da muss doch mal mehr Recherche drin sitzen, als nur abdrucken von Pressemitteilungen oder oberflächlichstes Zusammentragen von bekannten Infos. Zumal man Gruppen, die die Meinung der herrschenden Stadtpolitik stützen, schon mit bebilderten Artikeln beglückt, wenn die nur einen wirklich vollkommen hanebüchenen und objektiv unmöglichen Gedankenfurz loslassen. Ehrlich gesagt, für mich ist es ein Rätsel, wie informierte Öffentlichkeit unter diesen Umständen funktionieren soll.


    Ich glaube allerdings auch, dass diese Arbeit der hier ansässigen Mediengruppe kein hannoversches Alleinstellungsmerkmal ist. Ich kann schon verstehen, warum das Internet gerade bei den klassischen Printmedien so kritisch gesehen werden muss.


    Gruß, M.


    P.s.: Sorry für OT. Aber ich habe das mal angesprochen, weil ich die oben geschilderte Sicht vollkommen nachvollziehen kann und ich auch absolut verstehe, wie frustriert die organisierten Fans darüber sind, einfach in der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen zu werden. Man hat keine Chance, gehört zu werden, ist genau die Erfahrung, die wir auch gemacht haben.

    Einmal editiert, zuletzt von Maniac () aus folgendem Grund: Ergänzung

  • Ich empfehle das Buch "Noam Chomsky - Media control / wie und die Massenmedien belügen"

    • Offizieller Beitrag

    Versteckt auf der zweiten Seite des Hannover-Teils (Seite 14) kündigt die HAZ in ihrer Dienstagsausgabe an, dass der für Abonnenten kostenlose Onlinezugriff auf die Artikel künftig mit 2 Euro zusätzlich berechnet wird (aufgrund gesetzlicher Regelungen). Wenn man das nicht wolle, soll man sich melden. Finde das auf diese Weise nicht okay. Zum einen finde ich, dass man die Abonnenten gezielt dazu anschreiben sollte und zum anderen sollte man hier umgekehrt verfahren: Wer das Onlineangebot zum Abonnement weiterhin nutzen will, soll sich melden. Zudem könnte man auf der Startseite des ePapers darauf hinweisen. Auch wenn es nur um 2 Euro geht, finde ich das Vorgehen so nicht okay. Zudem fehlt jegliche Angabe dazu, zu wann das wirksam wird.


    Vielleicht ist dies ja für den einen oder anderen Abonnenten hier im Forum von Interesse...

  • Danke für den Hinweis. Denke auch, dass das so nicht machbar ist. Änderungen des Abo´s bedarf der Schriftform an den Abonennten persönlich! Die können nicht einfach was ändern.

  • Wie geil ist das denn? Wenn ich es richtig überblicke, ist das doch einfach eine Preiserhöhung in einem laufenden Vertrag - und das auch noch ohne jegliche Mehrleistung.

  • Möglicherweise war die Mehrleistung die Onlinefunktion, die in vielen Aboverträgen noch gar nicht existent war. Dann ist es hingegen eine Frechheit, diese Option jetzt zu berechnen anstatt zu streichen.

  • Ernsthaft, ich will hier wirklich niemandem zu nahe treten, aber ich frage mich, wieso es hier überhaupt noch Abonnenten dieses Drecksblattes gibt.

  • Ernsthaft, ich will hier wirklich niemandem zu nahe treten, aber ich frage mich, wieso es hier überhaupt noch Abonnenten dieses Drecksblattes gibt.

    Manche Menschen wollen sich auch andersweitig weiterbilden oder informiert werden, was so in seiner Stadt passiert und nicht nur die 96 News lesen ;)

  • Manche Menschen wollen sich auch andersweitig weiterbilden oder informiert werden, was so in seiner Stadt passiert und nicht nur die 96 News lesen ;)


    Wieterbilden?? Mit der HAZ??
    Unabhängig vom 96-Teil ist das einfach mieser Gossenjournalismus oder kopierte DPA-Meldungen!
    Die nehm ich doch nicht mal geschenkt..