Quelle: 11 Freunde Neue Serie!
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Von Benjamin Apitius
Dienstag den 11.03.2008 00:58
„Große Spieler halten die Fresse“
Ab heute werden wir mit Urgestein Dieter Schatzschneider allwöchentlich die Bundesliga besprechen. Und schon geht es los: „Schatz“ regt sich über 96 auf, beschützt Slomka – und wünscht Mario Gomez ein Duell mit Dieter Schlindwein.
Herr Schatzschneider, was war für Sie die Szene des 23. Spieltags?
Das Tor von Gekas gegen meine Roten (Hannover 96, Anm. d. R.) war schon außergewöhnlich. Fünf Mann gucken bei dem Schuss in den Himmel, weil sie gar nicht wissen, was da gerade passiert.
Bleiben wir gleich bei Hannover 96. Nach der starken Hinrunde hat man nun den Eindruck, die Mannschaft hätte die Lust verloren.
Mit Fußball hat das gar nichts mehr zu tun. Die waren ja gegen Leverkusen in allen Belangen hoffnungslos unterlegen. Man hat vor der Saison viel Geld in die Mannschaft investiert und wollte etwas erreichen - doch davon ist man jetzt meilenweit entfernt.
Kennen Sie solche Einbrüche auch aus Ihrer aktiven Zeit?
Nein. Ich habe dafür kein Verständnis. Wenn man auf dem Platz nicht sein Bestes gibt, ist das für mich unprofessionell. Ich habe das Gefühl, einige wollen mehr machen als sie in Wirklichkeit können. Von fußballerischem Niveau mag ich bei Hannover 96 gerade gar nicht sprechen.
Für Werder Bremen setzte es diesen Wochenende eine herbe Niederlage. Wie fest sitzt Thomas Schaaf bei den Hanseaten noch im Sattel?
Der sitzt zu hundert Prozent fest im Sattel. Dafür lege ich meine Hand ins Feuer. Aber auch für Werder Bremen gilt: Wenn man keinen Torwart hat, der mindestens acht Punkte holt, kann man in der Bundesliga nicht mehr oben mitspielen. In dem gleichen Atemzug muss ich auch Borussia Dortmund und den VfB Stuttgart nennen. Man kann das zu vielen Mannschaften sagen: Wenn ihr euch oben festsetzen wollt, braucht ihr einen erstklassigen Torhüter.
Schalke 04 hat auch in der Liga gepunktet. Ist die Trainerfrage damit beantwortet?
Diese Diskussion ist absolut absurd gewesen. Wie kann ich den Mirko Slomka, der in der Bundesliga noch Zweiter oder Dritter werden kann, der noch im internationalen Geschäft ist, so abwatschen? Was machen die eigentlich, wenn der Slomka die Champions League gewinnt? Dann kannst du ihn ja nur noch erschießen, weil alles andere geht dann schon nicht mehr. Was Schalke einfach fehlt, ist ein erstklassiger Torjäger - alles andere stimmt in dieser Truppe. Das Geld für Sanchez, Streit und den Zé Roberto hätten sie lieber für einen vernünftigen Mittelstürmer ausgeben sollen. Das hätte dieser Schalker Mannschaft sicherlich gut getan.
Der VfB Stuttgart hat wahrscheinlich genau diesen treffsicheren Stürmer. Von Torjäger zu Torjäger: Was kann Mario Gomez noch verbessern?
Spielerisch ist Gomez sicher der beste Mann, den wir vorne momentan haben - noch vor Klose. Aber ich mag das nicht, wenn der Gomez vor die Kameras tritt und sich über die Abwehrspieler beschwert - auch wenn er möglichweise recht hat. Das hat ein Spieler wie er doch gar nicht nötig. Große Spieler halten die Fresse! Ich hätte ihm wirklich mal die Zeit gegönnt, gegen Kohler, gegen die Förster-Brüder oder gegen Schlindwein zu spielen, da würde er jede Woche dort stehen und sagen: „Das ist ein Arschloch!“ Für mich hieß es nach dem Spiel immer nur: Hand geben, Mund abputzen und dann war es das!
Inwiefern konnten sich Ihre damaligen Mitspieler auf Ihre Tore verlassen?
Die Mannschaft konnte sich nicht darauf verlassen, dass ich viel laufe, aber meine Tore habe ich immer gemacht. (lacht)
Sie haben beim Hamburger SV zusammen mit Wolfram Wuttke gespielt. Ist Ribéry nun eigentlich der neue Wuttke in der Liga?
Ich will dem Wolfram nicht weh tun, aber an einen Ribéry kommt er nicht heran. Wolfram Wuttke ist immer quer gelaufen, das heißt von Außenlinie zu Außenlinie, damit er sich ja nicht weh tut, und hat dann sein Pässchen gespielt. Für mich war das gar nichts, solche Fußballer gibt es doch zuhauf. Der Ribéry dagegen kennt nur eins: Ball am Fuß, höchste Geschwindigkeit, Zug zum Tor. Das ist der entscheidende Unterschied. Der Ribéry ist für mich Weltklasse.
Glauben Sie, Jürgen Klinsmann gönnt den Bayern den momentanen Erfolg?
Es ist egal, ob Hitzfeld dieses Jahr Deutscher Meister wird, Pokalsieger wird und auch noch den UEFA-Cup holt - Klinsmann muss es doch sowieso wiederholen. So brutal das klingt: Wenn er zu den Bayern kommt, zählen nur die Erfolge.
Worauf freuen Sie sich, wenn Klinsmann in einem halben Jahr die Bayern übernimmt?
Ich bin wirklich gespannt, ob er mit gezieltem Training einzelne Spieler entscheidend verbessern kann. Das will ich wirklich wissen. Hoffenheim hat es ja eigentlich schon gezeigt: Qualität kostet Geld und hat nichts mit Training zu tun. Dort wollten Rangnick und Peters auch durch Individualtraining mit ihren jungen Spielern in die erste Liga. Die Wahrheit ist: Hopp musste die Schatulle aufmachen.
Worauf freuen Sie sich, wenn Sie an den nächsten Spieltag denken?
Ich bin ja leider Hannoveraner. (lacht) Ich möchte hier endlich wieder den Fußball sehen, den ich mir vorstelle: Kurzpassspiel bis zum Erbrechen, viele Spieler, die sich daran beteiligen, schnelles Umschalten von Abwehr auf Angriff. Dieser Fußball hat mir immer Spaß bereitet, nur leider erlebe ich den nicht mehr bei 96.