HAZ: Mertesacker trifft spät, aber nicht zu spät

  • Mertesacker trifft spät, aber nicht zu spät


    In der Nachspielzeit rettet Hannover 96 das verdiente 1:1 bei Borussia Dortmund.


    Von Jörg Grußendorf


    Dortmund. Es war die allerletzte Chance; die Nachspielzeit lief bereits. Die langen Abwehrspieler rannten mit nach vorn, sogar Torwart Robert Enke hielt es nicht mehr in seinem Kasten. Und dann schaffte Per Mertesacker das, an das wohl nur noch die größten Optimisten geglaubt hatten. Per Kopf traf der Jüngste von Hannover 96 ins Tor und bescherte seinem Team ein verdientes 1:1 bei Borussia Dortmund.


    Dass die 40-jährige Negativserie – solange hatten die „Roten“ im Westfalenstadion nicht mehr gewonnen – weiterhin Bestand hat, das interessierte nach diesem Letzte-Sekunde-Treffer wirklich niemanden mehr im 96-Lager. Die Spieler lagen sich in den Armen, die Fans wollten nur noch feiern, feiern, feiern. Die mehreren Tausend, die aus Hannover mitgereist waren, hatten nun klar die Stimmhoheit. Sie ließen Mertesacker und „Ewald, Ewald“ Lienen minutenlang hochleben.
    Die hochgelobten Dortmunder Anhänger, speziell die aus der stimmgewaltigen Südkurve, waren viel zu konsterniert, um laut zu sein. Selbst das Pfeifkonzert fiel nach dem aus BVB-Sicht enttäuschenden Spiel und Ergebnis bescheiden aus.


    90 Minuten und 50 Sekunden hatte es allerdings so ausgesehen, als sollte es so ausgehen wie so oft in Dortmund: 96 spielt ordentlich mit, aber die Punkte bleiben beim BVB. Es war nett anzusehen, was das Team von Trainer Lienen ablieferte. Aber bis auf zwei Ausnahmen in der Anfangsphase, als sich Clint Mathis (3. Minute) und Ricardo Sousa (19.) zwei hundertprozentige Tormöglichkeiten boten, agierten die „Roten“ viel zu ungefährlich. Es entstand bald der Eindruck, dass die Hannoveraner an diesem Abend niemals ein Tor erzielen würden. Statt mit 2:0 zu führen, geriet der Gast gar in Rückstand: Drei Spieler ließen Niclas Jensen passen, und Tomas Rosicky konnte freistehend aus 18 Meter schießen – auch, weil Mertesacker zu spät aus der Abwehr herausrückte (29.). Für Torwart Robert Enke gab es nach eigener Aussage „nichts zu halten. Dafür bin ich nicht lang genug.“


    96 spielte weiter seinen Stiefel herunter, ohne Tempowechsel und deshalb auch ohne Überraschungsmomente. Auch wenn das Gebotene durchaus ansehnlich war. Ricardo Sousa, der sich erstmals in der Bundesliga von Beginn an versuchen durfte, ließ mit zunehmender Spielzeit immer häufiger sein Potenzial aufblitzen. Besonders seine langen Pässe waren eine Augenweide. Doch torgefährlich wurde er auch nur dieses eine beschriebene Mal.


    „Die Dortmunder haben hervorragende Konterspieler“, sagte Lienen hinterher, „wir durften hinten nicht aufmachen.“ Doch genau in dem Moment, als die 96er auf Risiko spielten, als sie mit Gewalt noch diesen Ausgleich wollten, da bekamen die Borussen ihre größten Sorgen. Sie waren kaum noch in der Lage, den Ball kontrolliert hinten herauszuspielen. Die „Roten“ berannten zehn, 15 Minuten das Tor des BVB. Auch wenn dieser späte, fast zu späte Ansturm lange ohne Torchance blieb, so verunsicherte er doch die Hausherren.


    Und, anders als in Leverkusen, als 96 in letzter Minute noch aus allen Träumen gerissen wurde, wurde man dieses Mal für den Mut belohnt. Mertesacker machte alles klar und aus einem verunglückten Saisonstart noch einen ordentlichen. „Wir haben jetzt bei zwei Meisterschaftsanwärtern gut gespielt“, sagte Trainer Lienen, „darauf können wir aufbauen.“ Das nächste Mal am 12. September im Heimspiel gegen den SC Freiburg.