Politischer Zoff-Thread oder so

  • Ich hätte mir weniger Aufgeregtheit gewünscht bei dem Thema.

    Ich nehme an, das wäre vielen Angeklagten in Nürnberg auch sehr recht gewesen.

    Ich habe auch überlegt, ob man Godwin bemühen darf in diesem Fall.

    Aber da es tatsächlich im Kern darum geht, passt das schon.


    Tabubruch gehört auch nicht in Gänsefüßchen, nicht hier in diesem Fall. Es ist exakt ein Tabubruch, wenn FDP und CDU in Thüringen, wo die AfD noch ein klein wenig faschistoider und völkischer ist, zulassen, dass sie mithilfe der Stimmen der Neonazis den MP stellt, dessen eigene Partei mit einer Handvoll Stimmen überhaupt in den Landtag gekommen ist.


    Wehret den Anfängen! Beschwichtigung ist Duldung.

  • Es geht um Relativierung, nicht um eine Anklage von Kemmerich als Kriegsverbrecher.

    Und Sachlichkeit ist eben nicht das, was hilft. Das führt zu Normalität, was hier völlig fehl am Platze ist.

  • Meine Prognose:

    Die FDP hat sich auf Jahre unter die 5 % geschossen und Lindner wird das politisch nicht überleben, da der Coup vermutlich vorher mit ihm abgesprochen war.

  • Wenn er nicht mit Lindner abgesprochen war, hat er seinen Laden nicht im Griff.

    So oder so sollten(!) seine Tage gezählt sein. Allerdings ist der Drang zum Machterhalt manchmal so groß.....

  • und die Kanzlerin ist dermaßen angefressen, ich vermute AKK war auch eingeweiht.

  • Als einen Fehler würde ich das nicht bezeichnen. Das war ein geplantes machtpolitisches Kalkül in erster Linie von Mohring.


    Unter dem Fähnchen, die bürgerliche Mitte zu vertreten und dem Extremismus an beiden Seiten Einhalt zu gebieten, hat man sich dann doch von den extremistischen Nazis zum Ministerpräsidenten wählen lassen. Ohne Regierungsprogramm, ohne Koalition. Die Politiker der CDU und FDP sind Hasardeure.


    Und diesem Vorgehen sollen die SPD und Grüne quasi Legitimität durch Unterstützung verleihen. Das können sie nicht tun. Das wäre politischer Selbstmord. Dafür wurden die Politiker der SPD und Grünen nicht gewählt. Diese hatten im Wahlkampf eine klare politische Botschaft. Ihre Wähler haben eine klare Abgrenzung zu den Nazis der AfD.

    CDU und FDP haben ihre Wähler belogen. Die Suppe müssen sie alleine auslöffeln.

    • Offizieller Beitrag

    Ich hätte mir weniger Aufgeregtheit gewünscht bei dem Thema.

    Und ich noch viel mehr! Hier geht es doch nicht darum, dass jemand die falsche Sorte Äpfel gekauft hat.

    Hier hat sich jemand mit Hilfe der Nazis einen Posten gekrallt. Und das mindestens unter Inkaufnahme der Stärkung der Nazis. Wenn das nicht sogar der kern des Planes ist.

    Wer daran zweifelt, sollte sich mal anschauen, wie sehr sich das Nazipack über diesen grandiosen Erfolg freut!

    Kemmerich ist unerträglich! Lindner ist unerträglich!
    Und wer sich hinstellt und was von "na ja so schlimm ist das ja nun auch nicht" und "man muss mit denen Reden" oder "Scheiße als Scheiße zu benennen stärkt nur die Scheiße" faselt ist ebenfalls unerträglich.


    Das, was da gerade in Thüringen passiert ist. ist - ganz unabhängig davon, ob das Bestand hat oder letztlich wieder kassiert wird (immerhin hat nun auch Angela Merkel deutlich gemacht, dass das nicht bleiben darf) - nichts geringeres als die Normalisierung und Duldung des Nazipacks. Das ist ein Ins-Gleis-Setzen!


    "Weniger Aufgeregtheit" - am Arsch!

  • Ok lasse ich als Erklärung gelten, auch wenn das freie Mandat immer gerne bemüht wird, wenn es ungemütlich wird. Wir alle wissen ja, was mit Abgeordneten passiert, die sich allzu häufig auf ihr freies Mandat berufen. Ich denke die FDP stellt hier keine Ausnahme dar. Und ob nun Information oder Duldung... nun ja. Er hat Kontakt aufgenommen und sich vorher abgesichert. Die Distanzierung aus dem Vorstand fällt auch deutlich zurückhaltender aus, als bspw bei der CDU.

  • In der Situation, in der Thüringen gerade ist, macht also ein Demokrat einen Fehler. Andere Demokraten könnten ihm jetzt aufhelfen, Brücken bauen, Auswege aufzeigen, Durchatmen. Oder sie hauen ihm auf die Fresse, überbieten sich gegenseitig mit Empörung und stempeln ihn als Nazi.

    Die anderen Demokraten bauen ihm diese Brücke. Sie heißt "erkenne Deinen Fehler an, tritt zurück". Mehr wird und sollte es nicht geben.


    Ich lese Deine Beiträge hier oft mit Gewinn, aber Deine Haltung zu diesem Themenkomplex verstehe ich nicht.

  • Ich möchte da mal kurz anknüpfen und finde es gleichermaßen erstaunlich als auch beängstigend, dass die Entwicklung gerade im Bundesland stattfindet in dem dieser Höcke seine Finger im Spiel hat. Spätestens seit seinem Interviewabbruch, seinen in dem Zuge ausgesprochenen Drohungen, den Zitaten im Zeit-Artikel letzten Oktober und nicht zuletzt den öffentlich umrissenen Auszügen seines "Manifestes", habe ich ernsthaft Angst vor diesem Typen, der, wenn er nicht gestoppt, wird mit derlei Tricksereien an Macht gewinnen will. Ich kann es persönlich nicht fassen, dass man dem teilweise immernoch so blauäugig begegnet.

  • Ziemiak sagt, die meisten mit denen er redet, sind von dem Coup total überrascht.

    AKK sagt, sie hätten die Parteifreunde vorher gewarnt, aber die hätten nach eigener Fasson entschieden.

    Läuft nicht gut in der CDU nach Merkel.

    Verlogene Bande!

  • Meine Prognose:

    Die FDP hat sich auf Jahre unter die 5 % geschossen und Lindner wird das politisch nicht überleben, da der Coup vermutlich vorher mit ihm abgesprochen war.

    Fanta hat's gestern schon schön gesagt.

    Man muss auch mal das Positive sehen. Christian Lindner hat die FDP damit nachhaltig beschädigt. Die nächsten Wahlen werden ein Fiasko. Lindner muss gehen, alle Versprechen, dass das nie wieder passiert. Dann hält irgendwer Kubicki ein Mikro ins Gesicht und der Laden kann dichtgemacht werden.

  • Vielleicht hilft ja bei der Auslotung der notwendigen Aufregung, sich zu erinnern, dass die AfD Hausverbot im KZ Buchenwald hat.

    Oder wir warten einfach seelenruhig ab, bis die AfD tatsächlich konkret Einfluss auf die Landespolitik nimmt und schauen uns dann an, inwieweit die AfD die angekündigten Einschnitte in der Finanzierung und Landesgestaltung vornimmt.

    Geht ganz nebenbei dann auch um die Finanzierung der Gedenkstätte Buchenwald.

    Aber vielleicht räkeln wir uns einfach lächelnd in der Sitzschnecke und scheißen drauf. Ganz unaufgeregt.

  • wer kommt denn nun noch unbeschädigt aus derKrise?

    Nur die Grünen und die Linken, oder? Vielleicht noch die SPD, wenn sie schnell aus der Groko aussteigt, was ich ihr aber nicht zutraue.

    Und die CSU, die durch Söder sehr schnell, sehr gut reagiert hat, finde ich.

  • Wie jetzt in Thüringen weitergehen könnte (Link zur SZ)

    Was “sagt” die Verfassung, was sind die politischen Optionen?



    Ich bin übrigens (noch) ganz unaufgeregt.

    Das ist in mehrfacher Hinsicht jetzt eine Bewährungsprobe für politischen Anstand und ein Test dafür, wie ernst man es in den Parteien meinte - und zukünftig meinen will und wird - mit der eindeutigen Abgrenzung von den Gegnern des Grundgesetzes (in seiner heutigen Gestalt) und der in der Bundesrepublik Deutschland gewachsenen politischen Kultur.


    Die klassischen Parteien des Westens und die (mehr oder weniger) transformierten alten Blockparteien des Ostens (inkl. SED) bzw. deren direkte oder indirekte Nachfolgeorganisationen, die sich ihrerseits weiter transformieren (und sei es durch den Import von Westfunktionären) werden sich zunehmend bekennen müssen, welche Positionen in Zukunft noch vertretbar sein können und welches Erbe man ausschlagen, welcher Unterstützung man sich verweigern wird.


    Da wird man - auch in SPD und CDU - nicht umhin kommen, “Pack” (um einmal Gabriel zu zitieren) als solches zu benennen, dem man sicher zuhören und mit dem man - im passenden Rahmen - auch reden, das man aber auch in die Schranken weisen muss, wo es die Grundlagen des demokratischen Rechtsstaats - und seine Garantien für alle Menschen in Deutschland bekämpft.


    Die “Re-Education” nach 1945 war bekanntlich nicht weitgehend und ausdauernd genug und hat insbesondere die gesellschaftlichen Eliten in großen Teilen gar nicht (ernsthaft) erreicht, von spürbaren Sanktionen ganz zu schweigen.

    Nach 1989/90 ging der Westen auch nur halbherzig und widersprüchlich zu Werke, dabei ging es jetzt um ein totalitäres System, das mehr als vierzig Jahre Zeit gehabt hatte, die Gesellschaft vollständig zu durchwirken. So radikal und hastig, wie man die Wirtschaftsstrukturen zerlegte, teils sprengte, so wenig war das politisch und kulturell begleitet.


    Für mich kein Wunder, dass auch (hier früher meist noch verdeckt operierende) westliche Rechtsausleger, wie der Ex-Staatssekretär Gauland (aus der hessischen CDU) sich im Osten prima eingefunden haben.

    (Ein stramm rechtsnationaler ”Liberaler” wie Möllemann hätte auch einen erstklassigen MP in Sachsen oder Thüringen abgeben können, von daheim in Westfalen hätte er den “Deutschland dreigeteilt - Niemals!”- Gedenkstein und seinen religiösen Antisemitismus mitbringen können.)


    Selbst rechtlich hat es nicht richtig funktioniert, da man oft gerade die juristischen Rohrkrepierer, mit “Buschgeld”, exportiert hat. (Ich habe damals in Seminaren häufig Rechtsirrtümer aufklären müssen, die von der “1. Garde” in Behörden und Ministerien in die Welt gesetzt worden waren.)

    Einmal editiert, zuletzt von 94-95-96 ()

  • Für das, was aber ab jetzt ist, trägt ja wieder jeder eine eigene Verantwortung. Meines Erachtens nützt die Skandalisierung, die gerade stattfindet, nur der AfD. Wahrscheinlich haben die auch das einkalkuliert.

    Wieder so eine Relativierung: Es IST ein Skandal - bislang war Konsens unter Demokraten, dass man mit Demokratiefeinden (Höckes Flügel ist überdies nicht nur Prüf-, sondern Verdachtsfall für den Verfassungsschutz) keine gemeinsame Sache macht. Diesen Konsens haben CDU und FDP aufgekündigt.

    Und: Nicht die Kritik nützt der AfD, sondern dass ein "Mann der Mitte" mit ihren Stimmen zum Ministerpräsidenten gewählt wurde. Das stellen sie so dar, dass sie dafür gesorgt haben,. dass eine "bürgerliche" Regierung zustandekommen kann.

  • Ich finde es sehr erschütternd, wie extrem hier z. T. der Nationalsozialismus verharmlost wird.


    Die Geschehnisse, die gestern in Thüringen mit der dunklen Zeit ab 1933 zu vergleichen, ist nämlich genau das: eine Verharmlosung des Nationalsozialismus.


    Diejenigen, die das hier machen, sollten vielleicht mal ein Geschichtsbuch in die Hand nehmen.


    Grüße aus Hildesheim

  • Robert Birnbaum vom Tagesspiegel hat das anders gesehen:


    Tatsächlich war sein Wahlkampf - anders als gelegentlich bei der FDP in anderen Ländern – von Anklängen an AfD-Kernthemen frei.

    So war auch meine Wahrnehmung. Baum spielt halt manchmal auch noch die Ränkespiele von 1982.

    DEr Artikel spricht infolgedessen allerdings auch de facto von Wahlbetrug: "Damals rechneten ihm viele die klare Position an. Am Mittwoch nach seiner Wahl zum Ministerpräsidenten mit Hilfe der AfD kam das alte Motto prompt zu neuer Prominenz auf Twitter und Facebook. Diesmal fielen die Kommentare weniger freundlich aus."

    Das sollte man nicht unterschlagen.

  • Ich denke auch, wir sollten mit den Vergleichen einfach warten, bis wir in ein paar Jahren wirklich was zu vergleichen haben und solange die Hände in den Schoß legen. Das ist viel sinnvoller...:badidea: